Freitag, 20. Februar 2015

Carnaval is out there

Was ist Karneval in Brasilien? - Auf jeden Fall mehr, als nur ein Umzug der fröhlichen Leute! Denn auch hier wird Karneval gefeiert und Salvador ist mit 3 Millionen Menschen nicht nur eine der größten sondern wohl auch eine der besten Partys der Welt! Und ich, Glückskind, konnte für 5 Tage ein Teil dieser Millionen sein.

Karneval in Salvador ist aber etwas ganz anderes, als in Rio, wo in einem Stadion die Sambaschulen ihre Auftritte haben. Hier hingegen gibt es keinen Samba, sondern ganz viel Axé, der von Künstlern auf LKW-großen Bühnen (Trielectrico/Trio) gesungen wird und dabei von ganz vielen Menschen begleitet durch die Straßen der Stadt zieht.
Dabei wird generell in drei Gruppen unterteilt:

Camarote
Ähnlich wie ein riesiger All-inclusive Club, der sich an der Straßenseite des Umzugs befindet. Dort treten oft auch extra für die Camarote gebuchte Künstler auf und man hat den Besten Blick auf die vorbeifahrenden Trios. Der Spaß hat natürlich auch seinen Preis. Bis zu 2000R$ (ca. 600€) bezahlt man für einen Abend in der teuersten Camarote, die allerdings auch mit Bars, Restaurants, Massage und Beauty-Saloon ausgestattet ist.

Bloco
Man zahlt für den Auftritt einer Band und kann dieser den ganzen Abend lang in einem abgetrennten Bereich folgen. Wer Platzangst hat, sollte sich hiervon aber besser fernhalten.

Pipoca
Heißt übersetzt Popcorn. Ohne etwas bezahlen zu müssen kann man sich auch am Straßenrand stehen und sich von dort die Auftritte der Bands anschauen. Man muss allerdings sehr aufpassen, weil der Großteil der Leute aus den Favelas kommt und zwischen ihnen immer mal wieder Diebe, Drogendealer und andere Kriminelle auf.

Ich war zwei Mal in einer Camarote, zwei Abende im Pipoca und konnte sogar ein Mal mit einem Trio mitfahren. Jetzt, wo alles schon wieder vorbei ist, muss ich trotzdem sagen, dass ich nach 5 Tagen Party immer noch nicht genug habe und das meiner Meinung noch ein paar Tage so weiter gehen könnte.

Auch die brasilianische Musik, für welche sich meine Begeisterung sich bisher ziemlich in Grenzen gehalten hat, machte wirklich Spaß. Vor allem, weil man mit zunehmenden Portugiesischkenntnissen auch die Texte verstehen kann. Axé hat ein bisschen was von deutschen Partyschlagern und bei denen macht das Mitsingen ohne Textkennnisse ja auch nicht so viel Spaß.

Neben dem Karnevalsumzug ist in der ganzen Stadt Party und es gibt 3 verschiedene Karnevals in Salvador. Der Karneval bei Barra ist aber mein absoluter Favorit und dort treten auch die berühmtetsten Künstler (Saulo, Ivete, Claudia Leite u.v.m.) auf. In der Altstadt (Campo Grande) und beim Pelourinho hingegen wird der Karneval auf traditionellere Art gefeiert.

Überall findet man die "Filhos de Gandhi", also die Söhne von Gandhi. Das sind Männer in einem weiß-blauen Gewand und sind ein Symbol des Friedens, der während der Festtage herrschen soll. Meistens haben sie jede Menge Ketten, die sie für einen Kuss im Gegenzug verschenken.

Wo ich gerade vom Küssen rede, sollte ich vielleicht auch erwähnen, dass Karneval auch "Festa do Beijo" (Fest des Küssens) genannt wird und die Brasilianer alles andere als schüchtern sind, was das angeht. Ständig sieht man, wie sich die Leute gegenseitig die Zunge in den Hals schieben, ohne sich zu kennen. Also wer sich schon immer mal darin austesten wollte, hat hier seinen Platz gefunden.

Neben all der "Alegria" (Freude), sollte man die Krimminalität nicht unterschätzen ,auch trotz der 20 Tausend Polizisten, denn Karneval ist nicht nur ein Fest der Reichen und Schönen, sondern auch der Favela.  Viele der Favela-Bewohner kommen nur einmal im Jahr nach Salvador, natürlich in der Karnevalszeit. Dort arbeiten viele von ihnen dann Nachts als Straßenverkäufer und versorgen die Leute mit Bier und schlafen tagsüber auf der Straße. Ich will nicht jeden Bewohner der Favela als Krimminellen bezeichnen, aber es sind wirklich immer wieder Diebe unter ihnen oder welche, die einfach auf Krawall gebürstet sind. An meinem ersten Tag im Pipoca, haben zwei Männer angefangen sich zu Prügeln und einer von ihnen stand kurze Zeit später mit Nasenbluten und einem blauen Auge 2 Meter von mir entfernt; mindestens 15 Männer waren mit Handschellen aneinander gekettet und wurden wegen Drogenkonsum/handel abgeführt; an einem anderen Tag haben durch einen Streit plötzlich zwei Gruppen angefangen sich gegenseitig mit leeren Bierdosen zu bewerfen, viele Unschuldige haben auch etwas abbekommen und am Ende musste die Polizei den Kampf beenden. Und die Polizei fässt die Menschen hier nicht unbedingt mit Samthandschuhen an, sondern schlängt zum Teil wahllos mit Schlagstöcken auf die Leute ein. Ich den Nachrichten habe ich gehört, dass sogar einer von der Polizei totgeschlagen wurde... Das sind nur ein paar Beispiele aber ich war wirklich geschockt, weil das im sicheren Deutschland ja nicht in einem solchen Ausmaß vorkommt und habe dann auch verstanden warum meine Gasteltern immer besorgt waren. 

Trotzdem liebe ich den Karneval hier und wenn ich in ein paar Jahren nach Brasilien zurück komme, dann auf jeden Fall zur Karnevalszeit, weil es doch nichts schöneres gibt, als mit Millionen anderen Menschen im Hochsommer schweißnass zu brasilanischer Musik abzugehen ;)

Camarote:




Pipoca:
 
 
 


Trio:


Filhos de Gandhi





Alles Liebe, 
Lena

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